22.08. – 21.09.2008
Sabiene Autsch, Siegen
Die ART- Galerie Siegen präsentiert ab 22. August 2008 die Ausstellung „Und heute?“
von Sabiene Autsch.
„Und heute?“ Schon der im Titel anklingende Aufforderungscharakter verweist auf eine zentrale Intention von Sabiene Autsch, die bei aller Offenheit, Fragmentarik und Assoziationsfülle ihrer künstlerischen Arbeiten in der konkreten Einbindung des Betrachters in ihre Bilderwelt gesehen werden kann.
„Und heute?“ – die auf den ersten Blick allgemeine Frage spricht uns direkt an und motiviert zugleich einer sehr persönlichen Erinnerungsrevue. „Und heute?“ kann meinen: Was ist heute, was wird heute sein und was war heute? Welche Termine stehen an, was muss noch erledigt werden, wer hat angerufen, wie schmeckte das Mittagessen, was sagt der Wetterbericht, muss ich nicht doch ein neues Kleid kaufen? Diese fragetechnisch ausgelöste Erinnerungs- und Gedächtnisarbeit kann zugleich als Spiel betrachtet werden. Denn die Frage löst nicht nur eine schier nicht enden wollende Kette weiterer Fragen, Assoziationen, Bilder usw. aus, sondern sie motiviert zugleich auch dazu, Antworten zu geben, denen allerdings bei aller Entschiedenheit und Endgültigkeit stets ein Hauch des Potenziellen und Imaginären anhaftet. Die damit beschriebene Transformation von Allgemeinem in Konkretes, d.h. von einer Frage in eine Haltung usw. findet sich als eine grundlegende Strategie auch in den Arbeiten von Sabiene Autsch wieder.
Für die Ausstellung in der ART Galerie sind Arbeiten aus den Jahren 2006 – 2008 ausgewählt worden: Malereien, Zeichnungen, Fotografien. Einen Schwerpunkt nehmen die Arbeiten in mixed media ein, die in unterschiedlichen, zum Teil ungewöhnlichen Materialien und Bildträgern auftreten oder neue Medien und traditionelle künstlerische Ausdrucksmittel miteinander zu verbinden suchen.
„Alo Krély“ (2008), so der Titel einer mehrteiligen Reihe aus insgesamt fünf Blättern. Aus kräftigen Acrylfarben in rot, gelb und orange werden nicht auf Leinwand, sondern auf Papier Flächen und Formen regelrecht zusammen gesetzt, die inhaltlich und formalästhetisch betrachtet, zunächst scheinbar nichts mit einander zu tun haben. Titel und Bild lösen mehr Fragen aus, als es der Betrachter gewohnt ist. Doch bei intensiverer Betrachtung der Arbeiten, tauchen eigene Bilder auf, werden innere Bezüge hergestellt, wodurch eine eigene, neue Lesbarkeit der Arbeiten erprobt wird: Vielleicht eine Landschaft im Osten, zu der es eine Beziehung gibt, oder ein medizinischer Fachbegriff, der im Zusammenhang mit den vergleichsweise organischen Gebilden, mit dem Glanz der Farbe und der Glanzlosigkeit bzw. der Mattigkeit des Papiers zu sehen ist?
Ähnlich bei anderer Arbeit, mit dem Titel „Willst du Nudeln?“ (2008), die in ihrem Fragegestus an den Titel der Ausstellung anknüpft. Auch hierbei handelt es sich um eine mehrteilige Reihe, bestehend aus insgesamt vier kleinformatigen Blättern. Doch von Nudeln keine Spur; stattdessen gerundete, aufgebrochene Linien und Formen, die sich teils kräftig, teils sehr subtil gegen den grundierten Untergrund zu behaupten wissen. Spätestens hier merkt der aufmerksame Betrachter, dass es nicht um Nudeln im engeren Sinne geht, sondern um eine Frage, mit der die Künstlerin den Betrachter auf Spurensuche schickt. Das Spiel beginnt und heraus kommen potentielle Antworten, vergangene Fragmente von Bildern oder Erinnerungen mit Flüchtigkeitswert.
Diese Strategie findet im Begriff des Kartografierens eine treffende Beschreibung dessen, was Sabiene Autsch praktiziert und wozu sie den Betrachter motiviert. Sie entwirft Karten, in die sie vermeintlich Vertrautes wie Texte, Buchstaben, Bilder, Zeichen oder Formen einfügt, die in der bildnerischen Gesamtheit allerdings ihren Ort, ihre Lesbarkeit und Identität und damit ihre ursprüngliche Bedeutung verloren haben. Mit diesen Karten zu reisen, allerdings ist riskant, da sie nicht das Vertraute bestärken, sondern das Neue initiieren. „Um hier anzukommen, mussten sie souverän sein“ (2007/08) macht diesen Gedanken deutlich. Das „hier“ wird zu einem ortlosen Ziel; es kann überall sein, nämlich überall dort, wo der Betrachter mit seinem Auge auf Reisen geht und für sich einen Ort im dargebotenen Grün und Braun bestimmt. Souveränität erlangt er dadurch, indem er bestimmt, wo er Halt machen möchte und zu seinem Ort erklärt.
Auch wenn die neueren Arbeiten, insbesondere die Fotografien (2008) vermeintlich klarer, eindeutiger und formalistischer daherkommen, so ist auch für sie das Prinzip des Fragens und Kartografierens kennzeichnend. „Formbewusstsein“ oder „Wo bist Du jetzt?“ spiegeln dieses beispielhaft wieder. Ergänzt um diese Eindrücke und Strategien ist es immer aber auch die Art der Kontextualisierung und Zusammenstellung von Bildern, die wie in „Ich hatte herrliche Ferien in Bad D. (…)“ (2007) auch mit Ironie arbeiten, einer Ironie, die sich allerdings erst in der gesamten Reihe der Arbeiten, wozu auch Zeichnungen gehören, konstituiert. Deutlich wird darin zugleich auch eine weitere Leidenschaft der Künstlerin, was im Kuratieren, also im Ausstellungen machen, zu sehen ist. Grundlegend dafür ist, zu sehen, wie Inhalte miteinander korrespondieren: durch Brüche und Kontraste ebenso wie durch Harmonien.
„Und heute?“
Die Ausstellung zeigt Malereien, Zeichnungen, Fotografien von Sabiene Autsch aus den Jahren 2004 bis 2008.
Die Ausstellungseröffnung findet am Freitag, 22. August 2008 um 19.00 Uhr in der ART Galerie, Fürst – Johann -Moritz-Str. 1, 57072 Siegen statt.
Art Galerie
Helga Oberkalkofen
Fürst – Johann – Moritz – Str. 1
57072 Siegen
Öffnungszeiten der Ausstellung
Do. u. Fr. von 14.00 bis 19.00 Uhr u. n. V.